Familienplanung und Risikomutation

Bei einer Krebsdiagnose in jungen Jahren und/oder dem Nachweis einer Mutation, die die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung erhöhen könnte, ist oftmals die Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Sehr persönliche und weitreichende Entscheidungen sind neben den Herausforderungen durch die Diagnose zu treffen. Daher ist es uns ein großes Anliegen Chancen und Konsequenzen aufzuzeigen sowie an qualifizierte Ansprechpartner zu verweisen. Wir wollen Menschen aus Risikofamilien umfassend über Möglichkeiten der Familienplanung und des Fertilitätserhalt informieren, um individuell passende Entscheidungen zu unterstützen.

Fruchtbarkeitserhalt bei Krebserkrankung

Nach der Diagnose einer Krebserkrankung können verschiedene medizinische Maßnahmen durchgeführt werden, um Frauen und Männer im Hinblick auf ihre Fruchtbarkeit zu schützen. Im Jahr 2006 wurde das Netzwerk FertiPROTEKT  gegründet. Inzwischen sind rund 250 qualifizierte Zentren im deutschsprachigen Raum etabliert. Durch FertiPROTEKT werden Frauen ebenso wie Männer vor und nach einer Chemo- und Strahlentherapie  nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beraten, um Maßnahmen zum Schutz der Fruchtbarkeit durchführen zu können.

Kryokonservierung von Keimzellen sowie Eierstock- und Hodengewebe 

Bei Patient:innen, die sich einer keimzellschädigenden Therapie (z.B. Chemo – oder Strahlentherapie) unterziehen müssen, ist es möglich, Samen bzw. Eizellen in flüssigem Stickstoff einzufrieren (Kryokonservierung). Eizellen müssen dazu nicht durch eine Samenzelle befruchtet sein. Die Chancen auf eine Schwangerschaft unterscheiden sich nicht zwischen befruchteter und unbefruchteter Eizelle. Sollte eine Schwangerschaft im Anschluss an die Behandlung auf natürlichem Wege nicht gelingen, besteht so eine Chance den Kinderwunsch doch zu erfüllen. Die Kosten für eine etwaige Hormonbehandlung vor Eizellentnahme sowie der Kryokonservierung werden von den Krankenkassen in der Regel vom 18. bis zum 40. Lebensjahr übernommen (aktuell besteht keine sichere Kostenübernahme bei Hormonrezeptor-positiven Karzinomen).

Es ist ebenso möglich, Eierstock- oder Hodengewebe zu entnehmen und einzufrieren. Dies ist vor allem für Patientinnen relevant, bei denen eine hormonelle Stimulation der Eierstöcke, die vor Eizellentnahme immer notwendig ist, nicht möglich ist, weil schnellstmöglich mit der Therapie der Krebserkrankung begonnen werden soll.

Auch für Frauen, die sich aufgrund eines stark erhöhten Risikos für Eierstockkrebs vorbeugend die Eierstöcke und Eileiter in jungen Jahren entfernen lassen müssen, kann die Kryokonservierung von Eizellen oder Eierstockgewebe eine Option sein.

Es ist immer sinnvoll, zuvor die Kosten der Kryokonservierung mit der Krankenkasse zu klären.

Social Freezing

Aktuelle Forschungen haben gezeigt, dass es aufgrund der Schädigung der DNA-Reparaturgene bei Vorliegen einer BRCA-Mutation (auch ohne Erkrankung) zu einer vorzeitigen Einschränkung der Eizellreserve kommen könnte. Daher kann es sinnvoll sein, im Vorfeld unbefruchtete Eizellen einzufrieren, um einen späteren Kinderwunsch abzusichern. Die Kosten werden nicht durch die Krankenversicherungen getragen.

Präimplantationsdiagnostik (PID)

Die PID ist eine genetische Untersuchung von Zellen des Embryos nach einer künstlichen in vitro Befruchtung und vor der Übertragung in die Gebärmutter. In Deutschland ist die Präimplantationsdiagnostik nur bei hohem Risiko für eine schwerwiegende oder nicht heilbare Erbkrankheit zulässig, oder wenn eine kindliche Schädigung zu erwarten ist. Eine umfassende Aufklärung und die Einbindung von Fachärzt:innen der Humangenetik ist notwendig.

Im Rahmen einer PID kann auch nach Genveränderungen gesucht werden, die im Erwachsenenalter zu einem erhöhten Krebsrisiko und einer behandelbaren Krebserkrankung führen könnten. In dieser Situation muss, nach heutigem Stand, mit Unterstützung der zuständigen Fachärzt:innen bei einer Ethik-Kommission ein Antrag auf eine PID gestellt werden, die im Einzelfall entscheidet.

Die Umsetzung des Verfahrens ist in Deutschland genau geregelt und legt fest, dass die PID in speziell zugelassenen Kinderwunschzentren durchgeführt werden muss. Die dabei entstehenden Kosten werden von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen nicht übernommen.

Die Abwägung für oder gegen eine PID ist nicht einfach. Eigene Erfahrungen, ethisch-moralische Bedenken, gesellschaftliche Entwicklungen und individuelle Lebenssituationen spielen eine große Rolle. Es gibt eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten, um eine persönlich passende Entscheidung zu treffen. Auch das BRCA-Netzwerk bietet Austausch und Beratungen an und vermittelt Kontakte zu Menschen in ähnlicher Situation.

Informationsfilm des Universitätsklinikums Heidelberg (Dieser Link führt zur Webseite des Anbieters.)

Polkörperdiagnostik (PKD)

Die PKD ist die genetische Untersuchung einer entnommenen Eizelle im Rahmen einer künstlichen Befruchtung, bevor die Samenzelle mit der Eizelle verschmolzen ist. Dadurch können genetische oder chromosomale Veränderungen erkannt werden, die von Seiten der Frau vererbt werden könnten. Auch hier kann nach Genveränderungen gesucht werden, die das Krebsrisiko im Lauf des Lebens erhöhen. Wie bei der PID unterstützen Aufklärung und Information die individuelle Entscheidung.

Das Verfahren wird in qualifizierten Kinderwunschzentren durchgeführt. Für die PKD ist kein Ethikvotum notwendig. Die Kosten werden von den Krankenkassen nicht übernommen.

Samenspende – Eizellspende – Embryonenspende 

Während die Samenspende in Deutschland etabliert ist, gilt das nicht für eine Eizellspende. Die Eizellspende ist in Deutschland, anders als in anderen europäischen Ländern, verboten. Ärzt:innen machen sich in Deutschland strafbar, wenn sie diese anbieten. Für eine Änderung der rechtlichen Grundlagen, die eine Eizellspende in Deutschland ebenso wie die Leihmutterschaft aktuell verbietet, setzen sich verschiedene Initiativen ein. Eine Option kann die Spende von Embryonen darstellen, wenn Paare, deren Kinderwunsch erfüllt ist, diese zur Verfügung stellen.

Amniozentese, Chorionzottenbiopsie oder fetaler Bluttest

Über diese Untersuchungen können genetische Untersuchungen des Babys, aber auch auf Infektionen in der Schwangerschaft oder z.B. Blutgruppenunverträglichkeiten vorgenommen werden. Für jede dieser Untersuchungen ist eine Punktion notwendig. Invasive Tests werden in Deutschland unter anderem vorgenommen, wenn Hinweise auf eine Chromosomenveränderung (z.B. Trisomien) vorliegen. Eine Suche nach Mutationen, die das Krebsrisiko erhöhen könnten, ist nicht üblich.

Nicht invasiver Pränataltest (NIPT)

Beim NIPT kann über das mütterliche Blut nach Zellen des Babys gesucht werden, um diese zu untersuchen. Eine Suche nach Mutationen, die das Krebsrisiko erhöhen könnten, ist nicht üblich.

(Stand: 08/23)

Infofilm: Kinderwunsch

Was für Möglichkeiten gibt es? Welche Entscheidungen können und müssen getroffen werden? In unserem Film schildert eine Betroffene ihre Situation und wie sie zu ihrer Entscheidung gefunden hat. Ab Minute 4:35 stellt sich die Gynäkologin Dr. Elena Maria Leineweber den fachlichen Fragen zum Thema Kinderwunsch, Kinderwunschbehandlung und klärt über Risiken auf. Der Film wurde 2022 veröffentlicht.

Weiterführende Informationen

BRCA-Netzwerk:
Kontakt: kinderwunsch@brca-netzwerk.de
Termine zu den Onlinegesprächskreisen

Stiftung Deutsche Krebshilfe:
Blauer Ratgeber: Kinderwunsch und Krebs (Stand: 08/23)

Kontakt zu den Kinderwunschzentren:
Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e. V. (BRZ)

Anlaufstelle für fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen:
Fertiprotekt Netzwerk

Selbsthilfe für Jugendliche und junge Erwachsene:
Stiftung junge Erwachsene mit Krebs

Der Deutsche Ethikrat beschäftigt sich mit den großen Fragen des Lebens.
Mit seinen Stellungnahmen und Empfehlungen gibt er Orientierung für die Gesellschaft und die Politik
Ethikrat

Bundesministerium für Gesundheit:
Fertilitätserhalt
Präimplantationsdiagnostik

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