Gentest
Wie und zu welchem Zweck wird ein Gentest durchgeführt?
Wenn Sie oder Ihre Familie eine bestimmte Erkrankungskonstellation aufweisen, kann ein Gentest sinnvoll sein. Für die genetische Analyse einer Person ist eine Blutentnahme erforderlich. Das entnommene Blut wird dann molekulargenetisch (DNA-Analyse) untersucht. Derzeit bieten die meisten gesetzlichen und privaten Krankenkassen auf Empfehlung des Deutschen Konsortium für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ einen Gentest auf Veränderungen in den beiden Genen BRCA1 und BRCA2 an (der Begriff BRCA (BReast CAncer) stammt aus dem Englischen und bedeutet Brustkrebs). Im Rahmen eines Gentests gemäß der Empfehlungen des Deutschen Konsortium für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ erfolgt auch eine genetische und gynäkologische Beratung.
Bei dieser wird der Stammbaum der Familie erfasst, um alle Tumorerkrankungen mit dem jeweiligen Erkrankungsalter zu erheben. Dann werden Vor- und Nachteile des Gentests erläutert und den Rat suchenden Personen eine ausreichende Bedenkzeit gegeben, damit diese sich informiert für oder gegen einen Test entscheiden können. Auch wird bei Bedarf eine psychologische Begleitung angeboten, da die Testung für die meisten Rat suchenden Personen und ihre Familien eine psychische Belastung darstellt. Der Gentest sollte bei einer bereits erkrankten Person (auch Indexpatientin bzw. Indexpatient genannt) begonnen werden. Bis die Analyse durchgeführt worden ist und die Rat suchende Person das Ergebnis erfährt, können aufgrund des hohen Aufwandes bei der Gendiagnostik mehrere Monate vergehen. Sofern das Ergebnis des Gentests für die weiteren aktuellen Therapieschritte von Relevanz ist, kann dieser kurzfristig durchgeführt werden.
Was ist der Sinn des Gentests?
Belegt das Ergebnis des Gentests, dass die untersuchte Person eines der beiden BRCA-Gene in veränderter Form in sich trägt, bedeutet dies für sie ein deutlich erhöhtes Risiko, an Brust- und/oder Eierstockkrebs zu erkranken. Mit verändertem BRCA1-Gen erkranken zwischen 40 und 55 von 100 Personen an Eierstockkrebs, mit verändertem BRCA2-Gen erkranken zwischen 10 und 20 von 100 Personen an Eierstockkrebs.
Auch für bereits erkrankte Personen ergeben sich verschiedene vorbeugende Maßnahmen [interner link auf 510, vorbeugende Maßnahmen], ebenso wie Möglichkeiten einer engmaschigeren Nachsorge, da auch das Risiko, nach einer überstandenen Ersterkrankung noch einmal an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken, gegenüber nicht von Genveränderung betroffenen Personen erhöht ist.
Was bedeutet der Nachweis eines veränderten BRCA-Gens für nicht erkrankte Familienmitglieder?
Aber auch für noch nicht erkrankte Familienmitglieder kann das Wissen, Trägerin eines veränderten BRCA-Gens zu sein, hilfreich sein. Wird beispielsweise nach dem Nachweis einer Veränderung eines BRCA-Gens bei einer erkrankten Mutter bei deren gesunder Tochter ebenfalls die Genveränderung nachgewiesen, so bieten sich für die Tochter die Möglichkeiten einer engmaschigen und intensiven Früherkennung im Hinblick auf Brustkrebs an, ebenso wie verschiedene vorbeugende Maßnahmen im Hinblick auf Brustkrebs und auf Eierstockkrebs.
Kann bei einer gesunden Person aus einer Familie mit nachgewiesener BRCA-Veränderung keine krankheitsauslösende Veränderung des BRCA-Gens nachgewiesen werden, so werden ihr die üblichen Früherkennungsmaßnahmen empfohlen, da das allgemeine Brustkrebsrisiko (jede 8.-10. Frau erkrankt in Deutschland im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs) bestehen bleibt. Frauen zwischen 50 und 69 Jahren haben die Möglichkeit, die Früherkennung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms durchführen zu lassen.
Für Eierstockkrebs gibt es allerdings zur Zeit keine in ihrer Wirksamkeit nachgewiesenen Früherkennungsuntersuchungen. Als Präventionsmaßnahme bei Vorhandensein eines veränderten BRCA-Gens wird bisher nur die Eierstockentfernung empfohlen. In diesem Fall sollte das Thema „Kinderwunsch“ abgeschlossen sein. Hier besteht aus Perspektive des BRCA-Netzwerks dringender Forschungs- und Studienbedarf.
Darüber hinaus gibt es auch Familien, in denen bei den Erkrankten eine genetische Veranlagung in den bekannten Genen nachgewiesen werden kann, bei denen aber aufgrund ihrer familiären Krankheitskonstellation eine genetische Veranlagung wahrscheinlich bleibt. Möglicherweise liegt dann eine Veränderung in einem noch unbekannten Gen vor. Vermutet wird nämlich die Existenz weiterer Risikogene, die bis jetzt von den Forschern noch nicht entdeckt worden sind und daher noch nicht mit Hilfe eines Gentests nachgewiesen werden können. Das Deutsche Konsortium für familiären Brust- und Eierstockkrebs empfiehlt diesen Personen, sich in Abhängigkeit von ihrem individuellen Risiko, welches dann empirisch (rechnerisch) bestimmt wird, engmaschig untersuchen zu lassen.
Da es sich um eine Erkrankung im Erwachsenenalter handelt, sollen alle Rat suchenden Personen eine eigenständige und informierte Entscheidung für oder gegen den Gentest treffen können. Daher wird der Gentest erst bei Volljährigkeit (ab 18 Jahren) und nach umfassender Aufklärung angeboten. Das Deutsche Konsortium für Familiären Brust- und Eierstockkrebs empfiehlt einen Gentest somit nur, wenn es gleichzeitig die Möglichkeit gibt, das Erkrankungsrisiko zu reduzieren.